
Gastbeitrag von Lynn Felske, Rechtsanwältin bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft und Henning Diehl, Rechtsanwalt bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft
Seit dem 28. Juni 2025 ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft – und bringt neue Pflichten auch für Unternehmen der Finanz- und Immobilienwirtschaft. Ziel: Mehr digitale und physische Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Wer jetzt nicht handelt, riskiert Bußgelder und Wettbewerbsnachteile.
Was regelt das BFSG?
Das Gesetz verpflichtet erstmals auch private Unternehmen, bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Betroffen sind u. a.:
- Verbraucherkredite, Zahlungsdienste, Vermögensverwaltung
- Immobilienvermittlung und andere Nicht-Finanzdienstleistungen
- Webseiten, Apps und Geräte wie Geldautomaten, Kartenlesegeräte
Was bedeutet das konkret?
Webseiten und Apps müssen technisch barrierefrei sein – nach dem WCAG-Standard und in einfacher Sprache. Auch Kontaktformulare und Klickstrecken zum Vertragsabschluss sind betroffen. Geräte müssen über mehrere Sinne bedienbar sein, z. B. mit Sprachausgabe und kontrastreichen Anzeigen. Für Bestandsgeräte gelten Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren.
Was passiert bei Verstößen?
Eine bundesweite Marktüberwachungsbehörde kontrolliert die Einhaltung. Sie kann Fristen setzen, Auflagen erteilen – und Bußgelder bis zu 100.000 € verhängen.
Wichtig: Unternehmen, die Verstöße frühzeitig selbst erkennen und freiwillig anzeigen, können laut § 22 BFSG von einer Sanktionsmilderung profitieren.
Voraussetzung: Die Anzeige erfolgt vor behördlicher Entdeckung und es werden konkrete Maßnahmen zur Abhilfe eingeleitet. Diese Selbstanzeige ist ein starkes Signal für Verantwortungsbewusstsein und kann helfen, Reputationsschäden zu vermeiden.
Was ist jetzt zu tun?
Unternehmen sollten ihre digitalen und physischen Kontaktpunkte jetzt prüfen und anpassen. Wer frühzeitig investiert, sichert sich nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch einen echten Servicevorteil.
Was insbesondere Immobilienmakler:innen jetzt wissen müssen:
- Wenn auf der Webseite Objekte angeboten werden und eine Kontaktaufnahmemöglichkeit besteht, muss die Webseite barrierefrei ausgestaltet sein.
- Für die Dienstleistung der Immobilienmakler:innen muss auf der Webseite eine BFSG-Information eingestellt werden. Diese muss technisch barrierefrei sein und dem Sprachniveau B2 entsprechen.
- Digitale Exposés & PDFs müssen nicht zwingend barrierefrei ausgestaltet sein, entsprechende PDF/UA-konforme Dokumente sind trotzdem sinnvoll. Sprachniveau B2 ist weder für die Webseite noch für dort eingestellte Dokumente erforderlich.
Fazit:
Das BFSG ist Realität – und mit ihm die Pflicht zur Barrierefreiheit. Jetzt zählt die Umsetzung. Wer vorbereitet ist, punktet bei Kundschaft und Compliance gleichermaßen.