Dirk Rosskopf ist Geschäftsführer der Volksbank BraWo Immobilien GmbH und sieht im Gespräch mit FIO im aktuellen Marktumbruch für Makler die Chance, sich wieder stärker auf Objekt- und Zielgruppenanalysen zu fokussieren. Dabei können sie mit Marktkenntnis, Erfahrung und Fachwissen, etwa zur ImmoWertV, punkten, so dass Objekt und passende Kaufinteressenten zusammen finden.
Lieber Herr Rosskopf, der Immobilienmarkt befindet sich im Wandel. Wie schätzen Sie die aktuelle Marktlage für Makler ein?
Die Marktlage hat sich im Verhältnis zu vor einem Jahr stark verändert. Das liegt daran, dass sich die Gesamtsituation in Deutschland verändert hat: Die Lebenshaltungskosten sind nach oben geschnellt und die Inflation befindet sich auf Rekordniveau. Hinzu kommen die exorbitanten Energiekosten. Die dadurch aufkeimenden Unsicherheiten wirken sich auf das Immobiliengeschäft aus. So gehen die Menschen davon aus, dass die Kosten fürs Wohnen deutlich ansteigen werden und sind geneigt, bei Investitionen abzuwarten. Der zweite wesentliche Baustein: Die Zinsbelastung ist für Häuslebauer um ein Vielfaches gestiegen. Das hat zwei zentrale Konsequenzen: Erstens können sich viele Interessenten eine Immobilie nicht mehr leisten und zweitens wollen sie sich viele auch nicht mehr leisten, weil ihnen die Einschränkungen in der Lebensqualität einfach zu groß sind.
Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Herausforderungen der neuen Marktlage für das Maklergeschäft?
Aktuelle Markterkenntnisse zeigen, dass wegen der gestiegenen Finanzierungskosten fast 50 Prozent der potenziellen Interessenten wegbrechen. Das beeinflusst auch den Immobilienmarkt ganz erheblich. Auf der anderen Seite stehen Verkäufer, die aufgrund der verbreiteten Preisüberzeichnungen der vergangenen Jahre der Meinung sind, dass sie diese hohen Preise auch weiterhin beim Verkauf ihrer Immobilie zu erzielen sind. Makler stellen diese sich stärker denn je gegenüberstehenden Situationen vor neue Herausforderungen.
„Wo wir in der Vergangenheit vor allem dafür Sorge tragen mussten, bei einer hohen Zahl an Interessenten an Vermittlungsaufträge zu kommen und Kunden vom Mehrwert unserer Arbeit zu überzeugen, müssen wir den Fokus heute zusätzlich deutlich stärker auf die Vermarktung legen.“
Es gilt, mit den richtigen Kaufinteressenten ins Gespräch zu kommen, eine zielgruppenorientierte Marketingstrategie zu fahren und den Verkauf nicht mehr den Kräften des Marktes zu überlassen. Wir müssen gezielt mit den abschlussbereiten Interessenten ins Gespräch kommen und ihnen das richtige Objekt präsentieren. Aktuell erleben wir einen deutlichen Nachfragerückgang. Der wirft bei Maklern schon mal Fragezeichen auf, wie sie ihre Objekte effizient vermarkten.
Und worauf sollten Makler dann jetzt setzen?
Sie müssen sich in der Akquise den aktuellen Marktgegebenheiten stellen. Mehr denn je ist eine gute Objektanalyse erforderlich: Ist die Immobilie marktgängig und ist der Preis, den ich Verkäufern empfehle, auch unter den neuen Gegebenheiten zu realisieren? Ein ganz wichtiger Punkt ist in der Vermittlung der energetische Zustand der Objekte. Wir erleben es im Makleralltag, dass potenzielle Käufern jetzt bewusst nach dem Energieausweis fragen, um daraus die aufzubringenden Folgekosten der Immobilie abzuleiten. Da ist es für professionelle Immobilienvermittlern wichtig, die Verbrauchswerte schon bei der Objektakquise zu analysieren. Auf der anderen Seite wird die zielgruppenorientierte Ansprache noch wichtiger, damit die Eigenschaften der Immobilie auch bei den passenden Interessenten ankommen.
„Der Leitsatz „know your customer“ greift in der Vermarktung mehr denn je. Ich muss wissen, was die Leute wollen und bereit sind zu zahlen. Und wenn ich das weiß, kann ich das passende Objekt danebenlegen.“
Es ist immer noch interessant, eine Immobilie zu erwerben. Dabei muss ich wissen, was meine Kunden wollen. Das persönliche Gespräch gewinnt dabei einmal mehr an Bedeutung. Dabei müssen sich Makler in der neuen Marktlage wieder mit der klassischen Kundenanalyse auseinander setzen. Das kann man mit dem Kontaktbogen im FIO Webmakler digital machen: Er deckt weite Teile der Kundenanalyse bereits ab. Zusätzlich gilt es, Ressourcen in das persönliche Gespräch und die anschließende Besichtigung zu investieren.
Warum ist eine fachgerechte Wertbestimmung gerade in der aktuellen Marktsituation wichtig und was bringt sie den Makler?
Die beste Wertermittlung ist der direkte Vergleich. Dabei gilt es, mögliche Kaufpreise anhand vergleichbarer tatsächlich vollzogener Immobilienverkäufe zu ermitteln. Das greift in der aktuellen Marktlage leider nur bedingt. Denn eine Immobilie, die im Januar 2022 verkauft wurde, wird heute nicht mehr zu den gleichen Bedingungen die Besitzer wechseln. Makler sind an dieser Stelle mit ihrer Marktkenntnis gefordert. Für den Vermarktungserfolg ist die Wertermittlung zentral. Dabei sind Methoden ebenso wichtig wie die Erfahrung der Makler. Ich muss mich als Makler fragen, ob die vorhandenen Werte dem aktuellen Markt noch entsprechen. Hier eröffnet sich für Makler eine wichtige Chance aus der aktuellen Marktlage: Denn potenzielle Privatverkäufer werden zunehmend erkennen, dass es nicht mehr so leicht ist, Objekte zu verkaufen. Verkäufer werden wieder zunehmend zu der Erkenntnis kommen, dass sie die professionelle Bewertung und Vermarktung für den Vermittlungserfolg besser in die Hände von Maklern legen.
In der Immobilienbewertung hat sich vor einem Jahr mit Inkrafttreten der ImmoWertV gesetzlich einiges geändert. Was sind im Makleralltag die wichtigsten Änderungen?
Die ImmoWertV hat bereits vorhandene Richtlinien zusammengeführt. Die wichtigsten Änderungen werden Teil meines Webinars am FIO Campus am 8.12.2022 sein. Die neue ImmoWertV bietet ein Regelwerk als Hilfestellung für eine möglichst nachvollziehbare und professionelle Wertermittlung. Dabei müssen wir unterscheiden zwischen dem Wert, den Gutachtern ermitteln und dem Peis, mit dem wir als Makler arbeiten. Ein Verkehrswert soll mit Hilfe der Bewertungsmethoden eine objektiv nachvollziehbare Wertbestimmung einer Immobilie bieten. Von uns erwarten die Immobilieneigentümer eine Marktpreiseinschätzung, die quasi direkt vom Markt überprüft wird.
Mit der Fachkenntnis im Hinblick auf die ImmoWertV können Makler ihre Professionalität unter Beweis stellen und zeigen, dass sie mit den Begrifflichkeiten und den vorgegebenen Wertermittlungsmethoden umgehen können.
Mit diesem Wissen im Gepäck kann ich als Makler meine Marktkenntnis zusammenbringen und einen Marktpreis einschätzen.
Lieber Herr Rosskopf, vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Silvia Funke, freie Fachjournalistin aus Leipzig